Neinsagen im No-vember

Teuflisches Fahrgeschäft auf dem Wiener Prater
Neinsagen – wer traut sich?!

Mein Second Brain wächst weiter und es ist ganz organisch ein Teilbereich zum Thema Neinsagen entstanden. Endlich gibt es einen Anlass, ein paar Takte dazu zu schreiben: Es ist No-vember.

Was ist der No-vember?

No-vember als Schlagwort ist mir diese Woche zum ersten Mal begegnet bei Courtney Carver von Be more with less. Sie hat eine No-liste bei Instagram gepostet und endet mit dem schönen Satz „Save your yeses for what you actually care about“. Wir können also den ganze November lang Neinsagen üben und uns ganz genau überlegen, wofür wir unser Ja aufsparen.

Meine Gedanken zum No-vember verbinden ganz unterschiedliche Ideen und Impulse. Nein zu sagen kann unser Leben einfacher machen. Auch Verzicht ist eine Form des Neinsagens – durch Taten (oder unterlassene Taten) statt Worte. Und Weglassen ist wahrscheinlich die schwierigste Variante des Neins (zumindest nach der Theorie des Additive Bias).

Nein ist eine Entscheidung

Wozu habe ich zuletzt Nein gesagt? Zu einer Spülmaschine … dabei habe ich gar nichts gegen Spülmaschinen. Aber es ist so: Im neuen Bad könnte nur dann eine Waschmaschine stehen, wenn man das Waschbecken anzapft und ein Verlängerungskabel durch das Badezimmer legt. Alternative: Waschmaschine in der Küche, dadurch kein Platz mehr für eine Spülmaschine. Die Entscheidung ist mir leicht gefallen: Mein Nein zur Spülmaschine war ein Ja für mehr Freiraum in der neuen Wohnung.

Nein sagen kann leicht sein, wenn man ein Ziel vor Augen hat, an dem man sich orientiert. mit Zielen, Ideen, Werten und Vorstellungen wird jede Entscheidung leichter … wenigstens, wenn man wie ich Entscheidungstyp Satisficer ist.

Die Theorie der Entscheidungstypen unterscheidet zwischen Maximizern (hat nichts mit Oberweite zu tun) und Saticficern (hat nichts mit Spielzeug zu tun). Maximizer kennzeichnet ein hoher Anspruch an das Ergebnis, es muss perfekt sein. Maximizer prüfen gewissenhaft alle Alternativen und hinterfragen mit jeder neuen Information die vorher getroffene Entscheidung. je größer die Auswahl, desto schlimmer.

Satisficer hingegen suchen nach dem Ergebnis das „gut genug“ ist. Entscheidungen sind schnell getroffen, auch wenn die Auswahlmöglichkeiten sehr groß sind. Gleichzeitig sind sie damit auch eher zufrieden. Also schneller entschieden und schneller zufrieden. Wie gemein. Zum Glück sind Entscheidungstypen nur eine Grundtendenz. Maximizer haben die Chance, das Saticficer-Entscheidungsmuster zu üben: Schnell und zufrieden mit einer Entscheidung zu sein klingt nämlich auch perfekt.

Nein in der Praxis

INGA-Nein

Mit dem „INGA“-Nein kann man Mehrarbeits ablehnen, ohne das Gegenüber zu verärgern, hier die vier Schritte mit Beispielen:

  • I nteresse zeigen – „Was für eine spannende Aufgabe“, „Danke, dass Sie an mich gedacht haben“
  • N ein sagen – „leider muss ich den Auftrag ablehnen“, „es tut mir leid, dass ich den Auftrag nicht annehmen kann“
  • G rund benennen – „meine Kapazitäten sind im Moment völlig ausgefüllt“, „Thema X ist nicht mein Spezialgebiet“
  • A lternative benennen – „In einem halben Jahr wieder mehr Kapazität“, „Kollegin X ist die Expertin“

Rosinen-Picken üben

… jedenfalls, wenn man nicht nein sagt zu Rosinen. Courtney Carver schreibt: Hebe dir deine Jas gut auf. In die gleiche Richtung geht der Ansatz der Autorinnen von „The No-Club“. Sie raten dazu, neue Aufgaben genau zu prüfen, ob sie mittelfristig zu einer Beförderung führen könnten:

  • Trägt die Aufgabe direkt zum Erfolg der Organisation bei?
  • Bringt die neue Aufgabe eine bessere Sichtbarkeit für mich?
  • Kann ich für die neue Aufgabe besonderes Fachwissen anwenden / aufbauen?

Das wichtigste an dieser Strategie: Wir sagen nicht sofort ja, sondern gehen in Verhandlung und allein das stärkt die eigene Position. Kein blindes Ja zu irgendwas, sondern ein Nein nach reiflicher Überlegung und mit Argumenten.

Additive Bias – Hinzufügen als Denkfalle

Neulich war ein Artikel in der taz, der den additive Bias (oder die additive Verzerrung) erklärt. Die Denkfalle besteht darin, dass wir Probleme lieber dadurch lösen, etwas hinzuzufügen, als etwas wegzulassen. Beipiel? Statt Emissionen direkt einzusparen, entwickeln wir lieber ein komplexes Kompensationssystem.

Warum ist Weglassen so schwierig? Die Theorie dazu ist, dass Weglassen mehr Kenntnisse über den Status quo erfordert, als für das Hinzufügen. Und dann geht es auch noch einher mit der verzerrten Wahrnehmung, dass Verlust als höheres Risiko bewertet wird, als ein möglicher Gewinn.

Und was bedeutet das für unser Nein? Weglassen fällt vielen Leuten schwer, sie empfinden es als schwierig. Wenn wir minimalistischer werden möchten, sollten wir besonderen Wert auf die Kommunikation legen: Hervorheben, wie unsinnig bestehende Konstrukte sind und betonen, welche neuen Möglichkeiten, durch das Weglassen eröffnet werden.


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