Informationsflut eindämmen: Meine Form der digitalen Achtsamkeit

Rostige Liebesschlösser hängen dicht an dicht am eisernen Geländer des Eiserner Stegs, über dem Main glitzert die Wasseroberfläche.

Martina von Little Sticky hat zur Blogparade aufgerufen. Sie sammelt Ideen und Tipps zum Thema „digitale Achtsamkeit“, hier beschreibe ich meine Perspektive auf das Thema.

Informationsflut am Arbeitsplatz

Praxistipps für die Büroarbeit sind mein Spezialgebiet. Ich könnte meinen Job nicht so gut machen, wenn ich nicht einige Strategien hätte, um mit der Masse an Infos, Nachrichten und Arbeitsaufträgen so umzugehen, dass ich dann auch noch genügend Zeit habe, um produktiv zu sein.

Nicht nur das, ich brauche auch Zeit, um neue Ideen zu entwickeln. vor allem möchte ich auch effizient arbeiten, damit ich nach einem normalen Arbeitstag nicht völlig k.o. und anfällig für Zombie-Scrolling bin … zu diesem unguten Zustand kommen wir später.

Meine Tipps für konzentriertes Arbeiten im Büro sind ehrlich gesagt die Klassiker aus den 90ern Simplify Your Life lässt grüßen. Ein guter Mix aus Planung und technischen Voreinstellungen läuft gut für mich. Dennoch wundert es mich, dass viele diese Techniken nicht verinnerlicht haben.

Viel Gelächter habe ich in einer internen Schulung (die ich gegeben habe, weil ich’s kann und Zeit dafür habe) geerntet für den Satz:

„Da weiß ich auch nicht, ob das mit OneNote übersichtlicher wird, ich arbeite einfach nicht so viel.“

Komische Blicke gibt es regelmäßig, wenn ich sage, dass ich eine Mail (die vor einer oder zwei Stunden verschickt wurde), nicht gelesen oder eine Chatnachricht nicht gesehen habe. Ich frage mich dann eher, ob die anderen sich denn nie richtig auf eine Aufgabe konzentrieren. Ich arbeite konzentriert am Stück weg, was bei anderen Überstunden oder Wochenend-Sessions fabriziert.


Prioritäten setzen und den Tag planen

Was hilft gegen den Information-Overload? Mir helfen Ziele und Priorisierung dabei, mich nicht von der Infoschwemme in meinem Posteingang, Teams-Chat und Social Intranet davontragen zu lassen. Wenn ich mein Ziel vor Augen habe, fällt es mir viel leichter, mich zu konzentrieren.

Ich notiere mir deswegen morgens drei bis fünf Tagesprioritäten. Das sind die Aufgaben, die aus mehreren Schritten bestehen, die ich am Ende des Tages abgearbeitet haben möchte: Zum Beispiel einen Newsletter verschicken (dazu müssen Adressdaten vorbereitet werden und hin und wieder noch Artikel auf die Homepage gestellt werden). Oder Reisebuchung für meine Kollegin (Reiseantrag, Bahn oder Flugtickets, Hotelrecherche und Reservierungen). Oder Einladungsversand für das nächste Event (Räume buchen, Anmeldeseite erstellen).

Da ich dazu neige, private Orga auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben, dürfen auf meiner Prioliste auch Dinge stehen wie Frisörtermin vereinbaren, Bildungsurlaub recherchieren, beim Stromanbieter anrufen usw.

Regelmäßige Aufgaben wie Adressen pflegen, Mails bearbeiten, Termine anfragen oder Telefonate führen sind eher keine Tagesprio, bekommen aber feste Termine, zu denen sie abgearbeitet werden.

Meetings zählen auch direkt zu den Prioritäten, denn sie nehmen ja Zeit in Anspruch und müssen vor- und nachbereitet werden. Würde ich an einem Tag mit drei Meetings immernoch fünf Prioritäten setzen, wäre das nicht zu schaffen. Dann bleibe ich lieber realistisch und weiß von Anfang an, dass ich an einem Tag mit fünf Meetings nichts abarbeiten kann …

Klappt das denn? … am schönsten wäre es, wenn ich mir das mit den Meetings einfach aussuchen könnte, denn einige davon bringen mich nicht wirklich weiter. Gerade bei Online-Meetings habe ich dann das Bedürfnis, parallel Mails zu lesen oder Adressen zu pflegen, um die Zeit besser zu nutzen. Mache ich auch, es ist eine Flucht vor der Langeweile, ich bekomme dann aber wirklich weniger aus dem Meeting mit, das kann auch nicht Sinn der Sache sein. Denn Multitasking ist super schlecht für das Gehirn, die Arbeitsergebnisse leiden und anstrengend ist es auch noch.

An der Meeting-Priorisierung muss ich noch arbeiten. Wer weiß? Vielleicht kann ich häufiger absagen oder sogar dazu beitragen, dass sie mir mehr bringen?


Ziel: Inbox Zero

Der zweite organisatorische Damm gegen Informations-Reizüberflutung ist es, Aufgaben ohne Unterbrechungen zu erledigen. Würde ich ständig in meinen E-Mail-Posteingang schauen, wären da ständig neue Aufgaben und Infos für mich, Ablenkung ist vorprogrammiert.

Daher bearbeite (und lösche) ich meine Mails strategisch:

  • Was nicht in meinen Aufgabenbereich gehört: weiterleiten + löschen
  • Was in wenigen Minuten beantwortet ist, locker beantworten, kein Overthinking (Mail danach löschen)
  • Antworten auf meine Anfragen oder Zulieferungen freundlich beantworten, Infos am Ort der Bearbeitung festhalten – Mail löschen
  • Anhänge scannen, am passenden Ort ablegen, Mail löschen
  • Routineaufgaben taggen und aus dem Posteingang verschieben
  • Arbeitsaufträge lesen, prüfen, entweder Rückfragen stellen, oder ein To-Do daraus generieren (dann hänge ich den Mailtext in die Aufgabe und lösche die Mail aus dem Posteingang)
  • CC-Mails werden bei mir automatisch in einen „unwichtig“-Ordner verschoben. Da schau ich nur sporadisch rein. Wenn ich nur in Kopie stehe, richtet sie sich ja nicht in erster Linie an mich 🙂

Warum alles immer löschen? Es gibt die Tendenz, Mails so lange im Posteingang stehen zu lassen, bis sie erledigt sind. Für mich ist Lesen und Einordnen aber der erste Bearbeitungsschritt, würde die Mail im Posteingang stehen bleiben, würde sich dieser Schritt ja ständig wiederholen.

Ideal wäre es, den Posteingang zweimal am Tag so durchzugehen und den Rest der Zeit die priorisierten Aufgaben abzuarbeiten. Nur bin ich nicht allein auf der Arbeit. Ich habe die Kollegen, die ihrer Mail direkt mit einer Chatnachricht („Hast du meine Mail bekommen?“) folgen oder nach fünf Minuten bei mir in der Tür stehen.

Das nervt. So sehr, dass ich in heißen Phasen sogar eine Unterbrechungs-Strichliste geführt habe. Ergebnis: Die meisten Ablenkungen kamen von Kolleginnen und Kollegen. Da ich denen aber zuarbeite, kann ich mich nicht ständig entziehen. Auch das ist eine Form von Info-Flut, wenn auch nicht digital: Fragen, Ideen und Wünsche, die mündlich im Vorbeigehen geteilt werden. Dagegen ist das Arbeiten von Zuhause aus eine ziemlich gute Maßnahme.


Fokuszeit an – Benachrichtigungen aus

Deaktivieren ist wirklich eine tolle Sache! Ich habe alle Pop-Ups in Outlook und Teams deaktiviert. Denn auch das sind Unterbrechungen – die Aufmerksamkeit geht weg von der Aufgabe, hin zur Mini-Info, in den Chat, in die Mails in den Engage-Thread, auf die Intranetseite zu LinkedIn … und dann zum Doomscrolling. Auch die ganzen Microsoft-Zusammenfassungen habe ich deaktiviert.

Was bei mir aktiv läuft ist Viva Engage, auch wenn ich es nicht ganz verstehe. Engage setzt mir automatisierte Fokuszeiten, ein bis zwei Stunden am Tag, in der mein Status auf „nicht stören“ gestellt ist. Außerdem erinnert mich die Funktion daran, dass ich bald Feierabend habe. Nett.

Und wie läuft es damit? Mal so, mal so. Die Fokuszeiten muss ich leider oft fallenlassen, wegen KollegInnengesprächen. Für den idealen Konzentrationszustand, darf es auch nicht zu leise und abgeschlossen sein. Im Büro bleibt die Tür offen, zuhause läuft Podcast oder Lofi Study Beats.

Die Popup-Benachrichtungen oder das ständige Lautgeben von Teams und Outlook vermisse ich null. Nur selten verpasse ich etwas (neulich Spontan-Kuchen in der Büroküche) dadurch. Fomo hält sich ganz gut in Grenzen.

Multitasking gibt es leider trotzdem noch zu oft: Langweilige Meetings und unser CRM ist so dermaßen langsam, dass die Versuchung, in der Wartezeit, anderes zu checken, immer sehr verlockend ist. Das endet dann meist mit vielen offenen Tabs und auch mit dem Lauern über meiner Outlook-Inbox.


Informationsflut in der Freizeit

Da sieht es bei mir nicht so diszipliniert aus, wie im Job. Ich bin ja im Feierabend auch mal müde. Das ist die Phase, in der ich dafür anfällig bin, zombiemäßig vor mehreren Bildschirmen zu verschimmeln: Wohlfühlserie + Online-Shopping + Chips. Nicht gut. Aber es fühlt sich im Moment schön dumpf und beruhigend an.

Immerhin trenne ich Arbeitszeit und Freizeit ganz klar. Nach Feierabend und im Urlaub bin ich für Jobthemen nicht mehr zu erreichen. Das Arbeitshandy bleibt in der Laptoptasche. Dafür sind die privaten Messenger während der Arbeitszeit stumm geschaltet und das Privathandy liegt nicht auf dem Schreibtisch. Bin ich krank, kann das jedoch anders aussehen … ich achte aber darauf, dann der Arbeit nicht viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Auf dem Arbeitsweg in der Bahn wird nicht aufs Handy geschaut, da mache ich einfach mal nix – „raw dogging“. Wenn ich dabei noch etwas für mein Gehirn tun möchte, falte ich die Hände so, dass es sich „falschrum“ anfühlt, das soll anregend sein, hab ich mal in einem Stimmbildungs-Seminar gelernt.

Für die Freizeit habe ich keine Prioritätenliste, sondern eine To-Want-Liste. Meine Ziele sind Filter, mit denen ich wichtige und unwichtige Informationen auseinander halten kann. Außerdem folge ich einigen Routinen: Bloggen, Sport, Zeit mit den Lieben. Meistens ohne Multitasking (okay, im Fitti höre ich meistens noch Podcast).


Wie surfe ich also auf der Infowelle?

Eine kleine Aufzählung, wie ich auf dem Laufenden bleibe, ohne mich zu überfordern:

  • Morgens lese ich eine Tageszeitung in der Onleihe. Die Informationen sind nicht nur aktuell, sondern journalistisch aufbereitet. Das macht sie gut verständlich und es gibt meistens auch Hintergründe oder eine generelle Einordnung.
  • Im Büro lese ich einen Tagesnewsletter von Krautreporter, der die aktuelle Medienlage zusammenfasst.
  • Ich habe mir einen RSS-Reader eingerichtet, da schaue ich rein, um zu sehen, was auf meinen Lieblings-Blogs gerade los ist.
  • Zu meinen aktuellen Hobbies bekomme ich eine Reihe von Newslettern in meine Inbox … mit dem Löschen komme ich hier nicht so gut hinterher. Mehr Infos über Frankfurt und zu aktuellen Kulturveranstaltungen zeigt mir Instagram an.
  • Whats App ist mein Haupt-Messenger, da läuft viel Freizeit-Orga. Im Status steht bei mir aber auch, dass ich während der Arbeitszeit nicht gut erreichbar bin.
  • Social Media ist für mich in erster Linie LinkedIn – die App habe ich schnell wieder gelöscht, ich lese nur am Desktop und habe alle Pushnachrichten abbestellt.

Was mich im Moment begeistert, ist das Bloghexen-Bloggerforum. Dort gibt es viel Austausch über die Bloggosphäre, Fragen, Diskussionen … nicht immer leicht, hier den Überblick zu behalten über die Themen und die verdaddelte Zeit.

Ich glaube, ich habe einen Vorteil dadurch, dass ich kein Digital Native bin. Zeit offline zu verbringen, macht mir nichts aus, wenn ich mein Handy zuhause vergessen habe, ist es kein Drama.

Wenn ich fit bin, draußen bin, Zeit mit Freunden verbringe, lasse ich mich nicht vom Zeitfresser App-Scrollen ablenken. Bin ich müde und gestresst, fehlt die Widerstandskraft manchmal.

Hier hilft wirklich nur Achtsamkeit. Den Bann brechen und nachschauen: Wie geht es mir gerade? Was mache ich gerade und warum? Was möchte ich ändern?


Meine fünf wichtigsten Strategien

  • Ich reduziere Störungen im Arbeitsalltag
  • Ich vermeide Multitasking
  • Ich setze Ziele und filtere so unwichtige Infos
  • Ich begrenze meinen Newskonsum
  • Ich schaffe Bildschirm-freie Zeit

Das war also mein Beitrag zu Martinas Blogparade. Ich bin natürlich neugierig, wie deine Strategien zum Thema sind, denn ich kann hier bestimmt noch etwas für mich dazulernen.

An der Blogparade „Digitale Achtsamkeit: Deine besten Tipps für den Umgang mit der Informationsflut“ kannst du noch bis zum 22. Juni teilnehmen. Ich lese auf jeden Fall mit!

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