Maren Hünnerscheidt ist davon überzeugt, dass New Work die Welt verändern kann. Denn respektvolle Arbeitskultur und gesellschaftlicher Wandel gehen für sie Hand in Hand.
Maren ist Vorstandsassistentin einer Stiftung und leitet das Office Team. Im Interview spricht sie darüber, wie sie als New Work Facilitatorin rollenbasiertes Arbeiten eingeführt hat, damit alle im Team ihre Stärken einbringen.
Maren und ich kennen uns durch das Assistenznetzwerk und weil wir beide in Frankfurt arbeiten, treffen wir uns gerne mal zu einem Main-Spaziergang.
Für mich zeichnet sich Maren durch Verbindlichkeit, Neugierde und Begeisterungsfähigkeit aus. Was man deutlich im Interview spüren kann – ich hatte nach dem Gespräch wahnsinnig viel Material. Am spannendsten fand ich die praktische Umsetzung, daher ist dies nun der Schwerpunkt des Interviews geworden.
Was ist eigentlich New Work?
Der Begriff New Work wurde in den 70er Jahren von Frithjof Bergmann entwickelt. Seine Idee war es, Menschen zu befähigen, das zu tun, was sie wirklich wirklich tun wollen. New Work soll die Menschen also dazu befähigen, ihre Arbeit flexibel und sinnhaft zu gestalten, sie soll die Menschen stärken und gute Energie freisetzen. Maren schildert die aktuelle Situation:
Wir leben in einer schnelllebigen Welt, die geprägt ist von Polykrisen, einem absoluten Wandel und einem stetig wachsenden Erwartungsdruck. Uns beschäftigen beruflich und privat die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, Klimawandel, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.
Hinzu kommt dass sich Arbeit und Privatleben immer mehr miteinander verbinden. Dieses „Work-Life-Blending“ erfordert laut Maren einen sehr achtsamen Umgang mit sich selbst, der Umwelt und anderen Menschen. New Work ist für Maren vor allem eine Grundhaltung Menschen gegenüber. Für gute Zusammenarbeit brauche es Respekt, Vertrauen und psychologische Sicherheit im Team. Maren beschreibt das so:
Einerseits die Bereitschaft, wirkliches Interesse für das Gegenüber zu zeigen. Durch Empathie und Ermutigung, durch aktives Zuhören, aber vielleicht auch einfach durch ein Lächeln und ein paar aufmunternde Worte.
Andererseits geht es um Offenheit, also die Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren und Veränderungen positiv gegenüberzustehen.
Wer dachte, dass „New Work“ ein Management-Buzzword ist, sollte nochmal genauer hinsehen. Denn auch wenn es darum geht, die Zukunft der Arbeit attraktiv zu gestalten, ist New Work nicht das gleiche wie Homeoffice, Obstkorb oder Kickertisch im Pausenraum.
Auch die Anwendung agiler Methoden ist nicht gleichzusetzen mit New Work, aber eine gute Ergänzung. Für Maren ist New Work der kulturelle Rahmen, innerhalb dessen agile Methoden nützliche Werkzeuge sind, weil sie durch Iterationen die Möglichkeit der Reflexion und Anpassung bieten.
Bei der Team- und Organisationsentwicklung geht es ja auch darum, Veränderungen zu begleiten und Widerständen angemessen zu begegnen. Der agile Ansatz ist hierbei Gold wert. Aber New Work ist viel mehr als das.
New Work ermöglicht es allen, Arbeitskultur so zu gestalten, dass Vertrauen, Sinn (Purpose) sowie Eigenverantwortung gefördert werden. Nur wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und offen für Veränderungen ist, kann auch auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten.
Wie wird man New Work Facilitator?
Maren hatte schon länger nach einer passenden Weiterbildung gesucht und dann kam der Tipp „New Work Facilitator“ aus dem Assistenznetzwerk.
Das passte perfekt, weil Assistenzen oftmals eine Schnittstellenfunktion zwischen dem Team und der Führungsebene einnehmen und sich ohnehin um viele Aspekte der Zusammenarbeit kümmern. Da liegt es nahe, als New Work Facilitatorin auch Einfluss auf die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zu nehmen.
Ich versuche, New Work umzusetzen indem ich Brücken baue, voran gehe und mich neugierig zeige. Kurz gesagt, ich nehme alle mit auf die Reise zu einer zukunftsfähigen Zusammenarbeit.
Maren geht es vor allem darum, Menschen zu befähigen, persönliche Stärken einzubringen, damit sie sich in ihrer Arbeit wiederfinden können. New Work soll Sinn stiften, die Gemeinschaft fördern und zielt auf Nachhaltigkeit ab.
Für mich ist New Work eine transformative Kraft, die Unternehmen und Gesellschaft gleichermaßen positiv beeinflussen kann. Das kann ich als New Work Facilitator aber auch als Vorstandsassistentin tun. Jeden Tag einfach durch die Haltung, mit der ich in die Welt gehe.
Also hat Maren die hybride Ausbildung bei der TAM-Akademie in Berlin abgeschlossen und dabei Tools und Methoden gelernt, um Organisationen durch den Wandel hin zu einer neuen Arbeitswelt, ausgerichtet nach New Work Prinzipien, zu begleiten. Dazu hat sie innerhalb von vier Monaten verschiedene Module abgeschlossen und eine Abschlussarbeit erstellt.
Arbeit ganzheitlich denken: Rollen statt Stellenbeschreibung
Durch ihre Weiterbildung war Maren in der Lage, die Umstrukturierung des Office Management Teams, das sie führt, zu moderieren. Dazu hat sie eine Reihe von Workshops durchgeführt. Maren hatte die Stelle gerade erst angetreten und es galt, das Team neu zu formen und und die anfallenden Aufgaben neu zu verteilen.
Das Ziel war vor allem – und das ist dann jetzt der Ansatz von New Work – die Mitarbeitenden des Office Teams in ihren Stärken arbeiten zu lassen und da haben wir in diesem Zuge eben Rollen eingeführt.
Eine Rolle bezeichnet hier ein Verantwortungspaket. So werden Verantwortungsbereiche im Team aufgeteilt und klar voneinander abgegrenzt. Gute Zusammenarbeit setzt voraus, dass jede Person im Team weiß, wer für welches Thema verantwortlich ist, Entscheidungen trifft und was von jemandem erwartet werden kann. Rollen sind dabei kleinteiliger und modularer als traditionelle Stellenbeschreibungen: Eine Person kann mehrere Rollen innehaben und der Grad der Verantwortlichkeit variiert.
In fünf Workshops über ein halbes Jahr verteilt, hat Marens Team Aufgaben gesammelt, geclustert, Rollen definiert und für jede Rolle einen Purpose festgelegt.
Ein Beispiel ist die Rolle des „Onboarding Navigators“, deren Zweck es ist, Neuankömmlinge im Unternehmen willkommen zu heißen und dafür zu sorgen, dass sie alles an die Hand bekommen, um gut im Job zu starten.
Als die Rollen ausformuliert waren, ging es an die Aufteilung dieser Rollen im Team. Es wurde gefragt, wer aufgrund seiner oder ihrer Stärken eine bestimmte Rolle übernehmen möchte. Danach wurde geprüft, ob diese Zuteilung insgesamt zum Team passt. Diese Vorgehensweise bietet viele Chancen:
Es ist sehr motivierend, wenn ich Arbeit mache, die mir zusagt und bei der ich meine Stärken nutzen kann. Die Arbeit fällt mir leicht, ich bin mehr im Flow, ich habe auch den Sinn und Zweck dahinter verstanden und habe in der Rolle auch einen eigenen Gestaltungsspielraum.
Natürlich verteilen sich die Rollen nicht immer ganz passgenau. Dann gilt es, sich auf einen guten Kompromiss zu einigen, im besten Fall eine Win-Win-Situation herzustellen. In Marens Team wurde die Verteilung der weniger beliebten Rollen über eine Punktevergabe gelöst.
Es geht auch nicht darum, zu 100 Prozent nur das zu tun, was man toll findet. Jede Rolle hat auch ihre Routineaufgaben, aber wenn man die Rolle an sich gerne ausfüllt und selbstwirksam sein kann, arbeitet man insgesamt motivierter.
Rollen machen es allen leichter, Zuständigkeiten klar zu definieren und auch in der Vertretung ist es einfacher, eine Rolle zu übergeben, als einzelne Aufgaben einer Positionsbeschreibung aufzusplitten.
Rollenbasiertes Arbeiten ist für Maren ein guter Schritt weg vom Old Economy-Denken, das von Hierarchien und Kontrolle geprägt ist und bei der Menschen als Ressource gesehen werden. New Work hingegen zielt darauf ab, nachhaltige Werte zu schaffen und zwar sowohl für Mitarbeitende als auch für die Gesellschaft.

Du interessierst dich für New Work und möchtest dich dazu austauschen? Dann kannst du Maren bei LinkedIn kontaktieren.
Hast du ein Thema aus der Assistenz, das du gerne in einem Interview vorstellen möchtest? Dann sprich mich an. Du erreichst mich per E-Mail oder über LinkedIn.

Auf meinem Blog kannst du übrigens mehr über New Work lesen.
Praktische Tipps für alle, die mehr über New Work erfahren möchten.
Marens Praxistipps im Überblick:
- Die Ausbildung zum New Work Facilitator empfiehlt Maren allen Assistenzen, die gerne Projekte nach New Work Prinzipien durchführen möchten.
- Doch es gibt auch andere Möglichkeiten, sich mit dem Thema New Work zu beschäftigen und die Prinzipien im Arbeitsalltag anzuwenden: Menschen mit Respekt und Wertschätzung begegnen und hinhören, was sie zu sagen haben.
- Selbstführung und umsichtiges Arbeiten kann auch dazu gehören, immer mit dem Blick auf die eigenen Stärken.
- Frag dich auch, ob du Brücken zwischen Personen bauen kannst und vielleicht jemandem eine Chance geben kannst, eine gute Idee zu initiieren.
- Vertrauen spielt bei New Work eine große Rolle, hier hat Maren einen Buchtipp: Karin Lausch – Trust me.
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