Ruhepol in Bewegung

Felsenhaus in den Vogesen
Felsenhaus in den Vogesen

Das hat mir gerade noch gefehlt: „Mein Ruhepol“ ist Annas Impuls für die Blognacht im Oktober. Passt wie die Faust auf’s Auge. Ich bin unschön erkältet und vertrete zusätzlich diese Woche eine Lieblingskollegin. Der Umzug in die neue Wohnung – die noch komplett gestrichen werden muss – steht an. Essensvorräte leeren sich, Umzugskisten füllen sich und rümpeln meine kleine Bude voll.

Ruhepol? Was soll das bitte sein?

Ein Pol ist einer von zwei Punkten mit entgegengesetzten Eigenschaften (Norden und Süden, Plus und Minus). Also markiert ein Pol immer ein Extrem. Ruhe kann entweder die Abwesenheit von Geräuschen bezeichnen oder auch die Abwesenheit von Bewegung und das kann auch in die Gefühlswelt übertragen werden – dann also kein innerer Lärm, kein Gedankenkarussell. Wenn es einen Ruhepol gibt, müsste es – logisch – auch einen Krachpol geben. Trotzdem gibt’s das Wort nicht.

Ein Ruhepol kann ein Ort sein, ein Moment oder auch eine Person. Manchmal bin ich wohl selbst dieser Pol. Leute sagen mir nämlich, ich sei „cool“, „ruhig“, „gelassen“ oder „geduldig“. Vielleicht erklärt das, weshalb mich Bewegung mehr anzieht als Stillstand. Ist nur so ’ne Theorie.

In Bewegung

Seit letztem Jahr (hab ich mir von der Lieblingskollegin abgeschaut) mache ich keine Neujahrsvorsätze mehr. Stattdessen wähle ich ein Wort aus, das das Jahr prägen soll. Mein Wort des Jahres 2023 war „Bewegung“ und kam ganz von selbst zu mir. Ich mag es, dass man so viele Erlebnisse daran andocken kann: Sport, Tanz, Emotion und sogar einen Umzug.

Bewegung. Ich habe mich im Fitnesststudio angemeldet und im Gegensatz zum letzten Versuch, wirklich auf das Trainerteam gehört und eine gute Routine für mich gefunden. Mehr Bewegung. Ich habe eine Auffrischungs-Fahrstunde (nach 20 Jahren ohne Auto) genommen und ich habe den japanischen Ausdruckstanz Butoh gelernt (ich vermisse den Kurs sehr) und mir dadurch ganz neue Wege zur Kreativität erschlossen.

Außerdem habe ich verstärkt nach einer neuen Wohnung gesucht. Das hat mich übrigens an den Punkt geführt, an dem ich mich jetzt befinde: Eine Übergangsphase zwischen zwei unfertigen Räumen, der eine sehr vertraut und voller Kisten, der andere leer, ohne Tapete, ohne Küche aber mit wundervollen Bäumen vor den Fenstern.

Im Wald

Für mich ist ein Ruhepol eher ein Ort, zum Beispiel die Ferienhütte in den Vogesen, wo man kaum Verkehr hört, aber morgens Hähne krähen und brave Hunde Laut geben, sobald jemand am Haus vorbeiläuft. Das Gebelle kommt immer näher, zuletzt macht der Nachbarshund Giro seinen Job und erschreckt die Wanderer in ihren viel zu sauberen und bunten Funktionsklamotten. Die Hütte ist eigentlich ein Haus und steht auf einem Hügel am Waldrand, geschützt durch eine Brombeerhecke. Blick ins Tal.

Auch die Natur kann ein Ruhepol sein. Die Vogesen, der Wald. Im Sommer sind wir zu einer alten Felsensiedlung gewandert. Bis 1872 lebten hier Menschen in Felsenhölen und diesen einfachen Häusern. Bisschen Mauerwerk,eine Feuerstelle. Zuletzt war es nur noch ein Eremit, Felsen-Martin, ein Mönch mit Schweigegelübde. Wenn das kein Ruhepol ist, dann weiß ich auch nicht.


Dieser Text kommt frisch aus der Oktober-Blognacht von Anna Koschinski. Dieser Impuls hat mich kalt erwischt. Doch auch wenn ich mich sträube, immerhin konnte ich euch mal von den Troglodyten und den Jahreswörtern und meinem Umzugsstress erzählen.

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