Ich war neulich auf einer Party. Was gefeiert wurde? Der Umzug meines früheren Arbeitgebers raus aus Frankfurt. Abschied von den Verlagsräumen in Bockenheim.
Ein Abschied ist ein guter Grund zum feiern. Man verabschiedet das Alte und blickt in die Zukunft. Mit Wehmut, mit Sorge, mit Unruhe, Vorfreude, Fernweh. Der Job im Verlag war für mich prägend und ich denke oft zurück. Gerade auch an die Parties.
Zu Beginn ein Abschied
Ich erinnere mich an meine erste Party im Verlag. Ich hatte eine Stelle als Quereinsteigerin am Empfang – hey, Hautpsache was mit Büchern – und keine Ahnung, was ich da eigentlich tat. Diese erste Party war tatsächlich eine Abschiedsparty für einen der Mitbegründer des Verlags.
Seine Mitarbeiterinnen (sie nannten sich die „Science Sisters“ wegen Wissenschaftslektorat) sangen ein selbstgedichtetes Lied für ihn. Er bekam ein Ginkobäumchen – typisch Frankfurt – geschenkt. Es gab Reden und etwas zähen Smalltalk, ich kannte niemanden richtig, nur die Büroleiterin und der Herstellungsleiter machten sich die Mühe, mich einzubinden.
Vorschausekt
Im Buchhandel erscheint das Verlagsprogramm zweimal jählich, im Frühjahr und Herbst. Auch das ein Grund zum Feiern: Vorschau-Sekt. Von der Werbeabteilung organisiert. Die Rundmail kam, alle versammelten sich, die Vorschauen wurden ausgepackt und verteilt. Ich musste Sekt und Knabberkram bestellen, alles irgendwie sinnvoll im Konferenzraum herrichten, wiedermal ohne Plan. Ein Ritual für das Verlagsteam.
In diesem Rahmen gab es eine bemerkenswerte Rede des Verlegers. Einer der Mitarbeiter hatte Firmenjubiläum und es war bekannt, dass er demnächst Vater werden würde. Dazu musst du wissen, dass die übliche Rede aus den im Mitarbeitergespräch festgehaltenen Erfolgen in Zahlen, Daten und Fakten bestand. Ein „Mach dir keine Sorgen, du wirst ein guter Vater sein“ bleibt hängen.
Kellerparty
Wichtig – obwohl ich sie nur einmal miterlebt habe – war auch die sogenannte „Kellerparty“. Ein Event zum Start ins Jahr, anstelle einer Weihnachtsfeier. Die Location war eine Kellerdisco. Am DJ-Pult wechselten sich einige Kolleginnen ab. Die Bar war offen, es wurde getanzt und am frühen Morgen ein Taxi geteilt. Ein Jahr danach wurde sie abgeschafft. Sparmaßnahme.
Doch die Kellerparty erlebte nochmal ein Revivial. Ich war schon ein paar Jahre dabei, nicht mehr am Empfang, sondern Assistenz des Verlegers. Immernoch ziemlich planlos. Eine Kollegin hatt zu ihrem Abschied zur Kellerparty eingeladen am „Tag des merkwürdigen Tanzes“. Genau, wieder eine Abschiedsparty.
Jedenfalls hatte ich vor der Party alle dazu angestiftet, einen Tanz einzustudieren … stellte sich heraus, dass es nicht reicht, ein mieses YouTube-Video davon an alle zu schicken, um einen Flashmob zu starten. Eine Kollegin mit tänzerischer Erfahrung übernahm das Ruder und brachte in einem geheimen Treffen am Nachmittag vor der Party alle dazu, im richtigen Takt die Hüfte zu drehen („Jetzt kommt die Arschrolle!“).
Abschied um Abschied
Es gab noch eine große Feier: Vertreterabend. Das war der Vorabend der Tagung mit den Buchhandelsvertretern. Auch hier wurde im Laufe der Zeit immer mehr gespart.
Ursprünglich wurden alle Mitarbeitenden ins Restaurant eingeladen – auch das habe ich nur ein einziges Mal miterlebt. Um hier Geld zu sparen, organisierte die damalige Verlegerassistentin mit mir gemeinsam eine Inhouse-Party in den Verlagsräumen. Wir bestellten Catering und räumten Büros frei. Die Pary war wild. So ging das dann noch ein oder zweimal. Dann war die Feier wieder extern, im Logenhaus. Und später wurde sie nochmal neu erfunden: Wieder ein Dinner, aber nur für Vertreter, Vertrieb und einige Top-Autoren.
Der Verlag wurde schließlich verkauft. Die ersten Mitarbeiterinnen mussten gehen. Der Verleger ging. Auch ich musste nicht lange danach gehen. An meinen Abschied erinnere ich mich kaum, es sind nur Bruchstücke aus vielen Abschiedsfeiern in den Verlagsräumen: Im Konferenzraum, auf dem Balkon, in der Küche, im Hof, an der Empfangstheke, an meinem Schreibtisch.
Diesen Februar also die letzen Feier überhaupt in den Büros in Bockenheim. Die ehemaligen Kolleg:innen hatten mich spontan eingeladen. Ich kam an mit der Idee, dass ich vielleicht etwas Kleines mitgehen lassen könnte. Aber alles war schon in Kartons, die Stühle im Konferenzraum ordentlich gestapelt.
Stattdessen also wie bei jedem Abschied: Gespräche über Früher und noch mehr über die Zukunft bei einem Stück Pizza und einem Glas Sekt.
Dieser Text ist in der 53. Blognacht von Anna Koschinski entstanden. Für den Blog ist jede Blognacht ein Grund zum Feiern, aber heute ging es um Abschied, nicht nur aber auch von meinem ersten richtigen Job.
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