Ich blogge über meine Bildungsurlaubswoche bei der vhs Frankfurt und teile direkt meine Notizen mit euch. Es wird cool!
Tag 1
Der Kurs wird geleitet von Peter (fotografiert mit dem Smartphone) und Anouchka (mit Systemkamera unterwegs).
Vormittags gab es eine Vorstellungsrunde und eine kleine Gruppenarbeit zur Fragestellung „Warum sollten wir und mit Industriekultur beschäftigen?“.
Der Plan für die Woche: Mehrere Exkursionen und Fotospaziergänge im Frankfurter Osten. Dabei selbständiges Erarbeiten von Teilthemen in kleinen Gruppen. Wie das aussehen kann, hat uns Anouchka am Montagnachmittag gezeigt, sie hat einen Vortrag über die Industrialisierung Frankfurts und die Entstehung des Ostends gehalten.
Eventuell gibt es am Ende eine Ausstellung, das klärt sich im Laufe der Woche.
Warum mit Industriekultur beschäftigen?
- Bauwerke erhalten. Geschichte wahren. Alte Technik zeigen.
- Identität und Empowerment: Respekt für die Leistungen früherer Generationen. Steht auch für Langlebigkeit.
- Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen: Aufarbeitung der NS-Zeit.
- Schafft Verständnis für Produktionsstätten: Greifbar im Vergleich zu moderner Produktion.
- Ungleichheit innerhalb der Stadt verstehen: Gentrifizierung nachvollziehen. Was brauchen wir zum Leben?
- Infrastruktur-Entwicklung, z. B. Ostbahnhof und ÖPNV.
Bilder
Die Volkshochschule in der Sonnemannstraße – herbstlicher Ausblick auf den Hof und das Abendgymnasium gegenüber.


Blick aus dem Seminarraum: Das Gebäude der Europäischen Zentralbank und die ehemalige Großmarkthalle.
Das Ostend heute: Grafitti in der Sonnemannstraße. Habe ich in der Mittagspause geknipst. Heinz Schenk als Sprayer. Ojeh, ojeh.

Tag 2
Heute Vormittag haben wir die Initiative 9. November e. V. am Ort der zerstörten Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft besucht. Das ist ein alter Luftschutzbunker, den die Initiative nun als Ausstellungsort nutzt.



Im Rahmen des Bildungsurlaubs war für uns vor allem die kleine Ausstellung „Firmenadresse: Ostend“ von Interesse. Viel spektakulärer ist jedoch die Ausstellung „Virtuelle Synagoge“.
Zu den jüdischen Industrieunternehmen im Frankfurter Ostend gehörte die Schleifmaschinenfabrik Naxos-Union. Ich kenne das Naxosgelände vom japanischen Filmfestival und weil die Käs und das Theater Willy Praml inzwischen dort sitzt. Also wollte ich am Nachmittag dort Bilder machen und mehr darüber recherchieren.
Gegründet wurde die Schleifmaschinenfabrik von Julius Pfungst (1834-1899). Nach dessen Tod führten seine Frau Rosette Pfungst, sein Sohn Arthur Pfungst und seine Tochter Marie Eleonore Pfungst das Unternehmen weiter. Arthur Pfungst starb 1912, danach führte Marie Eleonore Pfungst das Unternehmen weiter – 1918 wurde das Unternehmen in die Dr. Arthur Pfungst Stiftung umgewandelt.
Nach Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze 1935 musste Marie Eleonore Pfungst die Leitung des Unternehmens und den Vorsitz der Stiftung an Dr. Rudolf Herbst abgeben. 1942 wurde sie nach Theresienstadt verschleppt und ein halbes Jahr später ermordet. Es gibt einen Stolperstein vor dem Gärtnerweg 2 im Frankfurter Westend für sie.
In der Naxoshalle wurden hunderte Zwangsarbeiter von den Nationalsozialisten ausgebeutet – bis heute ist dieser Teil der Geschichte nicht aufgearbeitet.


Heute gibt es Streetart, die an den Widerstand gegen das NS-Regime erinnert auf dem Gelände: Portraits von Herbert Baum, Walerian Wrobel, Ruth Andreas-Friedrich und Mildred Harnack-Fish.



Ein bisschen hinter dem Naxosgeläde gibt es ein Grafitti, das die Familie Pfungst zeigt, umgesetzt vom Jugendladen Bornheim. Auf der dazugehörigen Gedenktafel wird betont, dass Marie Pfungst auch ein Volksbildungsprogramm konzipiert hat. Die Dr. Arthur Pfungst-Stiftung gibt es bis heute.
Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Bildungschancen zu ermöglichen und vergibt verschiedene Studienstipendien.
Begriffe
Ich schreibe viel mit und möchte ein Glossar für mich zusammenstellen – hier oft erstmal mit Links, ich schreibe aber noch eigene Zusammenfassungen dazu.
Industrie Industrie – Wikipedia
Frankfurter Gedeck Ein Arbeiter-Essen bestehend aus Gref Völsing Rindswurst, einem Wasserweck und einem Becher Wurstbrühe. Ohne Schwein, denn das Ostend ist jüdisch geprägt.
Gentrifizierung Gentrifizierung: Ursachen, Formen und Folgen | Stadt und Gesellschaft | bpb.de
Orte im Osten
Alle im Kurs sind begeistert von Industriearchitektur und „lost Places“, ich sammle hier mögliche Foto-Orte im Ostend.
Badestelle im Ostpark
Ostbahnhof (1913, baulich wie Südbahnhof)
Osthafen (1912, damals zweitgrößter Binnenhafen in Deutschland)
Klassiskstadt (Mayfarth-Werke, Landmaschinen)
Großmarkthalle (1926)
Cassella und Badeanstalt der Cassella
Hanauer Bahnhof
Gartenstadt Riederwald
Schwedlersee
Luftbad an der Eissporthalle
Riederwaldsiedlung (1926)
Tram entlang der Hanauer Landstraße (1926)
Andere Orte
PP Heinz (Sachsenhausen)
Adlerwerke (Gallus)
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